Fachtagung 2020
Vom drohenden Bürgerkrieg zum
demokratischen Gewaltmonopol, 1918-1924
Weimar, 26.-28. Februar 2020
Kulturzentrum Mon Ami, Goetheplatz 11, 99423 Weimar
In der üblichen Periodisierung der Weimarer Republik beginnt mit dem Jahr 1924 die Phase ihrer ‚relativen Stabilisierung‘. Nach der Überwindung der Hyperinflation 1923 ist dies meist wirtschafts- und sozialpolitisch gemeint, oft auch in Hinblick auf die Innenpolitik oder die Kunst und Kultur. Vernachlässigt wird dabei allzu oft, dass diese Stabilisierung vor allem zunächst sicherheitspolitischer Natur war. Die harten Anfeindungen von rechts und links gegen die Republik und die politische Gewalt ebbten merklich ab, die Republik hatte sich gegen ihre Feinde behauptet.
Das war nach Ausbruch der Revolution im November 1918 keinesfalls selbstverständlich. Der Zusammenbruch der alten Ordnung war noch relativ friedlich verlaufen. Auch hatte sich die Übergangsregierung schnell der Loyalität des Heeres und der anderen Sicherheitsbehörden versichert. Doch bald brachen auf linker Seite gewaltsame Auseinandersetzungen über die Richtung der Revolution aus, wie die Dezember- und Januarunruhen 1918/19 oder später auch der Ruhraufstand 1920 und der „Deutsche Oktober“ 1923 zeigten. Auch im rechten Spektrum war die Bereitschaft zum gewaltsamen Vorgehen gegen Revolution und Republik schnell geweckt. Neben rechtsradikalen Attentaten auf demokratische Politiker wie Erzberger, Scheidemann und Rathenau bildeten 1920 der Kapp-Lüttwitz- und 1923 der Hitler-Ludendorff-Putsch die Höhepunkte rechter Angriffe auf die Republik. Neben verschiedenen sezessionistischen Bestrebungen hatte die in der Revolution geborene Republik zudem mit einem drohenden Verlust des staatlichen Gewaltmonopols zu kämpfen: Freikorps verschiedener Couleur, auf Eigenständigkeit pochende Soldatenräte, Stadt- und Bürgerwehren, unkontrolliert zirkulierende Kriegswaffen, paramilitärische politische Verbände – all das waren erhebliche Herausforderungen für die Akteure des staatlichen Gewaltmonopols, das sich zudem gerade in der Transformation von einem obrigkeitsstaatlichen zu einem demokratischen Gewaltmonopol befand.
Vor dem Hintergrund dieser Herausforderungen ist die Konsolidierung des demokratischen Gewaltmonopols beachtlich. Die Konferenz fragt nach dem Wechselspiel zwischen gewaltsamer Anfeindung und Konsolidierung, aber auch danach, was diese gewaltsame Geburt der Republik für ihre politische Kultur bedeutete und wie diese Gewalterfahrungen verarbeitet wurden.
Konferenz im Rahmen des Forschungsprojektes
„Das demokratische Gewaltmonopol in der Weimarer Republik, 1918-1924“
gefördert von:
Veranstalter:
Weimarer Republik e.V.
www.weimarer-republik.net
Forschungsstelle Weimarer Republik an der FSU Jena
www.weimarforschung.uni-jena.de
Konferenzleitung:
Prof. Dr. Michael Dreyer (michael.dreyer@uni-jena)
Dr. Andreas Braune (andreas.braune@uni-jena.de)
Programm
Mittwoch, 26. Februar 2020
13:30-14:00 Uhr: Begrüßung & Einführung:
Michael Dreyer / Andreas Braune (Jena):
Das Gewaltmonopol eines demokratischen Staates: Einige Vorüberlegungen
14:00-15:30 Uhr: 1. Sitzung: Gewalt in der Revolution und ihre Folgen
Leitung: Andreas Braune (Jena)
Dirk Schumann (Göttingen)
„Brutalisierung“ und Militarisierung: neuere Perspektiven
Klaus Weinhauer (Bielefeld)
Soziale Bewegungen und Gewalt in der Revolution
15:30 Uhr: Kaffeepause
16:00-18:00 Uhr: 2. Sitzung: Gewalt gegen die Republik und ihre Verfolgung
Leitung: Wolfram Pyta (Stuttgart)
Martin Sabrow (Potsdam / Berlin)
Attentate und Attentäter
Ingo Müller (Hamburg)
Militärgerichtsbarkeit oder zivile Gerichte? Zur strafrechtlichen Verfolgung politischer Gewalt, 1918-1924
Mike Schmeitzner (Dresden)
Gewalt von links: Rechtfertigungen und Strategien von Linksradikalen bis zum „Deutschen Oktober“ 1923
19:00 Uhr: Abendvortrag & Preisverleihung
4. Verleihung der Preise zur Erforschung der Geschichte, Politik und Kultur der Weimarer Republik
Festvortrag:
Michael Geyer (Chicago)
« Il faut défendre la société » : Überlegungen zu Gewalt und Demokratie in der Weimarer Republik
Donnerstag, 27. Februar 2020
9:00-10:30 Uhr: Besuch und Führung im Haus der Weimarer Republik. Forum für Demokratie
10:30 Uhr: Kaffeepause
11:00-12:30 Uhr: 3. Sitzung: Forum der Preisträger*innen
Johannes Hitzegrad (Matthias-Erzberger-Preis)
„Einigkeit ist Ehrenpflicht“? Die Kommunalwahl in der Stadt Arnsberg 1919
Elias Angele (Hugo-Preuß-Preis)
„Schützt die Revolution!“ Die Stadtwehr in Bremen 1919-1921
Claudius Kiene (Hugo-Preuß-Preis)
Der Zentrumspolitiker Carl Spiecker und die Herausforderung des Nationalsozialismus
Elisabeth Piller (Friedrich-Ebert-Preis)
Re-Winning American Hearts and Minds – German Public Diplomacy and the United States, 1902-1937
12:30 Uhr: Mittagessen
13:00-14:30 Uhr: 4. Sitzung: Die Konstituierung des republikanischen Gewaltmonopols
Leitung: Christoph Gusy (Bielefeld)
Kathrin Groh (München)
Die Wehrverfassung von Weimar
Martin Platt (Bonn / Jena)
Die Re-Etablierung des Gewaltmonopols in der Weimarer Republik: Performative Gewalt und die Sichtbarmachung der Autorität des Staates
14:30 Uhr: Kaffeepause
15:00-17:00 Uhr: 5. Sitzung: Gewalt und Gegengewalt
Leitung: Ursula Büttner (Hamburg)
Walter Mühlhausen (Heidelberg / Darmstadt)
Reichspräsident und Ausnahmezustand. Friedrich Ebert und die Anwendung von Artikel 48
Florian Schreiner (Berlin / Jena)
Gewalt von mitte-rechts: Freikorps und akademisch-bürgerliches Milieu im Nachkrieg
Sebastian Elsbach (Jena)
Die Gewalterfahrungen bis 1924 und die Gründung des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold
17:00 Uhr: Kaffeepause
17:30-19:00 Uhr: 7. Sitzung: Neuordnung der polizeilichen Gewalt
Leitung: Benjamin Ziemann (Sheffield)
Moritz Herzog-Stamm (Duisburg-Essen)
Ringen um Ordnung. Die preußische Polizei zwischen Ohnmacht und Reform unter dem Leitbild der Modernität (1918-1924)
Dietfrid Krause-Vilmar (Kassel)
Albert Grzesinski und die Neuordnung der preußischen Polizei nach 1924
19:30 Uhr: Abendessen für Vortragende, Moderatoren und Preisträger
Freitag, 28. Februar 2020
9:30-11:00 Uhr: 8. Sitzung: „Gewaltregion“ Mitteldeutschland
Leitung: Heiko Holste (Berlin)
Christian Faludi (Weimar), Marc Bartuschka (Jena)
Gegenrevolution 1920. Der Kapp-Lüttwitz-Putsch in Thüringen
Raimund Grafe (Erfurt / Leipzig)
Die Reichsexekutionen gegen Sachsen und Thüringen
11:00 Uhr: Kaffeepause
11:30-13:00 Uhr: 9. Sitzung: Gewaltverarbeitungen
Leitung: Michael Dreyer (Jena)
Stephan Rößler (Stuttgart)
Die Abstraktion von Gewalt. Walther Gropius´ Denkmal der Märzgefallenen von 1920
Helmuth Kiesel (Heidelberg)
Entgrenzungen der Gewalt in der Literatur der Weimarer Republik
13:00 Uhr: abschließender Mittagsimbiss
Für alle Interessierte kostenlos im Anschluss:
13:30 Uhr – 14:30 Uhr
Führung und Besuch der Ausstellung „Gegenrevolution 1920. Der Kapp-Lüttwitz-Putsch in Thüringen“ im Stadtmuseum Weimar mit dem Kurator Christian Faludi
und:
Möglichkeit des Besuchs der Ausstellung „Demokratie aus Weimar. Die Nationalversammlung 1919“, ebenfalls im Stadtmuseum Weimar, Karl-Liebknecht-Straße 5
Zeitraum: 26.02.2020 13:30 Uhr - 28.02.2020 14:00 Uhr